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Abschirmprodukte lassen sich von der Steuer absetzen

« Weitgehend unbekannte Tatsache »

Zynische Stimmen verweisen gerne auf das alte Sprichwort „Vor Gericht und auf hoher See ist man Gottes Gnade ausgeliefert“. Die Kölner Finanzverwaltung stimmt dem wohl spätestens seit März 2012 zu, da sie seitdem Abschirmprodukte als von der Steuer absetzbar akzeptieren muss, wenn Elektrosensibilität nachgewiesen wurde. Wie kam es dazu?

Tatort Köln: Esmog und Steuer

Der Fall geht auf das Jahr 2009 zurück, als eine bereits gesundheitlich angeschlagene Dame Kosten in Höhe von 17.075 Euro absetzen wollte. Sie war seinerzeit von ihrer Miet- in eine Eigentumswohnung übergesiedelt und ließ zahlreiche Abschirmprodukte installieren, um sich vor hochfrequenten elektromagnetischen Feldern zu schützen. Der zuständige Finanzbeamte lehnte das Ansinnen mit dem Hinweis ab, dass kein amtsärztliches Attest vorläge und die Elektrosmog-Abschirmung demnach nicht absetzungsberechtigt sei. Daneben dürfte auch die Höhe der Rechnung zur ablehnenden Haltung des Staatsapparates geführt haben: Mehr als 17.000 Euro für ein paar Abschirmprodukte klingt für fachfremde Ohren in der Tat leicht übertrieben.

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Doch handelt es sich hierbei schließlich nicht um gewöhnliche Tapeten, Fensterfolien und Armierungsgewebe. Sie alle müssen zum Teil erheblich modifiziert werden, um den zunehmenden Elektrosmog wirkungsvoll abzuschirmen. So kommen hier meist größere Mengen Kupfer, Nickel und zuweilen auch Silber zum Einsatz. Textilien und Schutzzelte setzen dagegen eher auf natürliche Kohlenstoffverbindungen, die aber auch häufig in Abschirmfarben zu finden sind. Dazu gesellen sich dann noch Ausgaben für bauliche Anpassungen inklusive der Lohnkosten. Somit wirkt die Rechnung für die Abschirmprodukte keinesfalls unangemessen. Der Wunsch, das Absetzen dieser nötigen Produkte geltend zu machen ist legitim.

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Einspruch, euer Ehren!

Die Antragstellerin war derselben Auffassung und legte Widerspruch gegen die Entscheidung ein. In ihrer Begründung verwies sie auf ein Gerichtsurteil des Bundesfinanzhofes, demzufolge private Gutachten ausreichen, um die zwingende Notwendigkeit medizinischer und prophylaktischer Kosten zu attestieren. Darüber hinaus legte sie zwei ärztliche Befunde vor. Die Kölner Dame litt seit über drei Jahren unter heftigen Migräneanfällen und Tinnitus. Die Diagnose lautete schließlich Elektrosensibilität im fortgeschrittenen Stadium, sodass die Abschirmung kritischer Geräte und der anliegenden Wohnungen medizinisch empfohlen wurde, was sich natürlich auch auf die Eigentumswohnung bezog. Dort durchgeführte Messungen ergaben stark erhöhte Esmog-Werte im Hochfrequenzbereich, die wohl auf nahe Mobilfunkmasten zurückzuführen waren.

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Das Amt wies den Antrag erneut zurück. Im entsprechenden Schreiben hieß es, dass die Steuerzahlerin keine akuten Beschwerden aufweise und daher auch keine Elektrosmog-Abschirmung benötige. Von der Steuer absetzen könne man die Kosten schon deswegen nicht, weil die bauliche Maßnahme den Wiederverkaufswert der Eigentumswohnung erhöht und somit nicht als finanzielle Belastung einzustufen ist.

Streitfrage: Erhöhen Abschirmprodukte den Immobilienwert?

Zu dem Punkt gibt es jedoch zwei Meinungen: Während Menschen, die unter Elektrosensibilität leiden, der Stellungnahme des Finanzamtes vorbehaltlos zustimmen, sind unbelastete Mitbürger nicht so erfreut, wenn die fest verbaute Abschirmung den Internet- und Handyempfang beeinträchtigt. So stellen entsprechende Installationen in der Praxis häufig sogar eher eine Wertminderung dar. Diesen Umstand führte die Kölnerin demnach in ihrem zweiten Einspruch an und verwies noch einmal nachdrücklich auf ihre Leidensgeschichte: Es ging ihr bereits 2006 so schlecht, dass sie in ihrer Mietwohnung zahlreiche Abschirmprodukte anbringen ließ. Ihre gesundheitliche Verfassung verbesserte sich daraufhin erheblich. Dieser Umstand, die durchgeführten Messungen in der Eigentumswohnung und die ärztliche Bescheinigung ließen ihrer Ansicht nach keinen Zweifel daran, dass die Vorsorgemaßnahmen medizinisch notwendig sind und dass die Klägerin diese Kosten dementsprechend steuerlich absetzen kann.

Haus-Symbolbild mit Taschenrechner und Münzgeld
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Im Namen des Volkes

Das Kölner Finanzgericht schloss sich letztlich der Ansicht der Klägerin an und wies das Finanzamt an, die Abschirmprodukte als außergewöhnliche Belastungen zu veranlagen. Das Gerichtsurteil fußte unter anderem auf der Begründung, dass chronisch erkrankte Steuerzahler hohe Gesundheitsausgaben aufbringen müssen. Dies benachteiligt sie gegenüber gesunden Mitbürgern, sodass die Finanzämter regulierend eingreifen und die Klägerin somit ihre Ausgaben von der Steuer absetzen kann. Es seien jedoch nur solche Ausgaben zu berücksichtigen, die zum Zwecke der Heilung oder Linderung schwerer Erkrankungen getätigt werden. Solche Kosten kann der Steuerzahler letztlich nicht umgehen, ohne seine eigene Gesundheit oder die seiner Familie zu gefährden.

Im Steuervereinfachungsgesetz vom September 2011 wurde jedoch festgelegt, dass das Finanzamt amtsärztliche Atteste nur noch dann anfordern darf, wenn die medizinischen Hilfsmittel auch als herkömmliche Gebrauchsgegenstände fungieren oder aufgrund nicht anerkannter Behandlungsmethoden verschrieben wurden. Die Frage der Belastung stellte sich im vorliegenden Fall aber nicht. Der Klägerin waren durch hochfrequente elektromagnetische Felder nachweislich gesundheitliche Nachteile entstanden, die nur durch spezielle Abschirmprodukte zu vermeiden waren. Darüber hinaus wurde im Gerichtsurteil der erhöhten Belastung durch Mobilfunk-Masten Rechnung getragen. Als krönender Abschluss erfolgte schließlich die Feststellung, dass die gesundheitliche Mindestversorgung der Bürger nicht nur konkrete Behandlungen, sondern sämtliche diagnostische und therapeutische Verfahren miteinschließt. Damit einhergehende außergewöhnliche finanzielle Belastungen für den Einbau von Treppenliften, das Schaffen barrierefreier Wohnräume und natürlich die Installation wirksamer Abschirmprodukte kann man demnach in vollem Umfang von der Steuer absetzen.

Richterhammer
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Was sind außergewöhnliche Belastungen in Bezug auf Elektrosmog?

Was das im Klartext heißen mag, ist nicht pauschal zu beantworten. So sind außergewöhnliche Belastungen als Aufwendungen definiert, die den Durchschnitt der entsprechenden Steuerklasse übersteigen. Demnach ist der maximal zulässige Aufwand an die jährlichen Einkünfte gekoppelt und schwankt je nach Familienstand zwischen 1 und 7 Prozent.

Die Kosten lassen sich jedoch nicht absetzen, wenn damit ein Gegenwert verbunden ist, der für Dritte von Interesse sein könnte. Das kann unter Umständen auf Umbauten zum Zwecke der Elektrosmog-Abschirmung zutreffen, wenn diese für potenzielle Käufer durchgeführt werden. Will man sich dagegen selbstständig vor Elektrosmog schützen, kommt der Gegenwert-Passus nicht zur Anwendung. Um Fehler der Vergangenheit zu vermeiden, liegt jedem Finanzamt eine Liste mit gerichtlich anerkannten außergewöhnlichen Belastungen vor, die jeder absetzen kann. Dazu zählen unter anderem:

  • Bestattungskosten: Die Ausgaben sind absetzbar, wenn sie nicht aus dem Nachlass des Verstorbenen generiert werden können.
  • Schäden durch Naturkatastrophen
  • Pflegekosten
  • Allergien: Hier sind Umbaumaßnahmen, um Allergieauslöser zu entfernen, in vollem Maße absetzbar. Wo das nicht möglich ist, müssen Behandlungskosten oder die effektive Abschirmung (z.B. durch Bettzeug für Allergiker) übernommen werden.
  • Prozesskosten: Strafprozesse sind hiervon ausgenommen. Zivilprozesse, wie der hier vorliegende Fall um die Kostenübernahme für die Elektrosmog-Abschirmung der eigenen Wohnung, dürfen aber ohne Abzüge in der Steuererklärung aufgeführt werden.
  • Elektrosmog: Die Aufwendungen für Abschirmprodukte gegen hoch- oder niederfrequente elektromagnetische Felder sind abzugsfähig, wenn ein technisches Gutachten nahelegt, dass hierdurch eine konkrete gesundheitliche Gefährdung vermieden werden kann.

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Was zu viel ist, ist zu viel

Was lernen wir also nun daraus? In erster Linie wohl, dass das deutsche Steuerrecht zurecht als staubtrockene Materie gilt. Ansonsten bleibt die Erkenntnis, dass das Absetzen von Abschirmprodukten an die Bedingung „außergewöhnlicher Belastungen“ gekoppelt ist. Das klingt nach einem klassischen Gummi-Paragraphen, den jeder Richter nach Gutdünken interpretieren darf. Und der Schein trügt nicht, doch wirkt sich der Umstand diesmal zugunsten der Bürger aus. So lässt sich nicht verallgemeinern, ab wann die Gesundheit gefährdet ist: Der Medizinphysiker von Klitzing von der Universität Lübeck beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit der Thematik und wies inzwischen nach, dass die individuelle Konstitution hier eine entscheidende Rolle spielt. So sind etwa Kinder in besonderem Maße durch Elektrosmog gefährdet. Das ist unter anderem deswegen besorgniserregend, weil die Immission handelsüblicher Babyfone die Werte aller anderen Strahlungsquellen weit in den Schatten stellt.

Baby mit Babyfon
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Der gesetzliche Grenzwert bekommt damit den Charakter einer vagen Richtlinie. Ob der Einsatz wirksamer Abschirmprodukte notwendig ist, müssen die Gerichte also in der Einzelfallprüfung entscheiden. Demnach ist es grundsätzlich einen Versuch wert, die Ausgaben für Abschirmfarben, Baldachine und Flächenprodukte in der Steuererklärung geltend zu machen.


Quellen:
www.elektrosmog-und-gesundheit.de/2014/wdr-scanner-interessante-sendung-ueber-elektrosmog/
www.justiz.nrw.de/nrwe/fgs/koeln/j2012/10_K_290_11_Urteil_20120308.html
www.steuern.de/aussergewoehliche-belastungen.html