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Schädigt Handystrahlung das Gehirn?

Wir sind heute permanent hochfrequenten elektromagnetischen Feldern durch WLAN, Handy oder schnurlosen Telefonen ausgesetzt. Mit dem Aufbau des 5G Mobilfunknetzes kommt eine weitere Quelle hinzu. Was aber bedeutet der Elektrosmog für die Gesundheit?

Mobilfunkstandards

Mobiles Telefonieren hat sich über 5 verschiedene Generationen weiterentwickelt:

  • Seit den Anfängen ab 1958 wurde in Deutschland mobil über die analogen Netze A-C telefoniert.
  • Erst mit dem D-Netz und später dem E-Netz mit der GSM Technologie (2G) erreichte der Mobilfunk ab den 1990ern eine große Verbreitung
  • Seit 2004 wird der Nachfolger UMTS (3G) eingesetzt, der erheblich höhere Datenraten ermöglicht.
  • Den Standard LTE gibt es seit 2010 in Deutschland.
  • Mit 5G wird die 5. Generation ab 2020 eingeführt. Einige 5G Sendestationen sind bereits aktiv.

Eigenschaften der Mobilfunkstrahlung

Elektrische und magnetische Felder im Bereich von 100 Kilohertz bis 300 Gigahertz bezeichnet man als hochfrequent. Da bei diesen hohen Frequenzen elektrische und magnetische Felder „verschmelzen“, verwendet man hierfür den Begriff elektromagnetisch. Die Frequenzen der Mobilfunkgenerationen 2G, 3G und 4G liegen zwischen 0,9 und 2,1 Gigahertz. 5G liegt in einem etwas höheren Frequenzbereich von 2 Gigahertz bis 3,7 Gigahertz. Mobilfunkstrahlen sind damit hochfrequente elektromagnetische Felder.

Mobilfunkstrahlen sind hochfrequente elektromagnetische Felder | Auswirkung auf das Gehirn
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Im Gegensatz zu Röntgenstrahlung oder Radioaktivität ist Handystrahlung als nicht ionisierend eingestuft. Die Energie ist bei nicht ionisierender Strahlung, wie Mobilfunkstrahlung deutlich kleiner wie etwas bei der Röntgenstrahlung, aber dafür haben wir faktisch eine 24/7 Belastung. Die kleinere Dosis, dafür aber über lange Zeit kann ebenso zu Schäden des Erbguts führen. Daher geht es nicht nur um eine Erwärmung des Gewebes, sondern vielmehr um biologischen Effekte die Handystrahlung auslösen können. Der SAR-Wert bei Handys ist ein Maß für die Erwärmung des Gewebes und wird daher als „Schutzstufe“ für Handys angegeben.

Der SAR Wert ist aber vor allem deshalb untauglich, weil er über die Auswirkungen auf Zellvorgänge in lebenden Organismen keine Aussagen macht..

Die Umwelt- und Verbrauchorganisation zum Schutz vor elektromagnetischer Strahlung diagnose:funk schreibt dazu folgendes: „Der SAR-Wert wird nach einem von der Mobilfunk-Industrie konzipierten Zulassungsverfahren ermittelt, bei dem die Körpermaße von 10% der Rekruten der US-Armee im Jahr 1989 als Maße für eine Modellpuppe verwendet wurden. Diese Rekruten waren durchschnittlich 1,88 m groß und wogen 100 kg. Dieses SAM-Zulassungsverfahren („Specific Anthropomorphic Mannequin“ (SAM) = „spezifische menschenähnliche Puppe“) unterschätzt die tatsächliche Aufnahme von Handystrahlung so stark, dass jeder Handynutzer, der ein Handy in seiner Hosentasche trägt, eine weit über dem SAR- Richtwert liegende Strahlendosis aufnimmt. Auch wer sein Handy nicht in der Hosentasche trägt, sondern es zum Telefonieren an den Kopf hält, ist nicht besser dran.“

Unterschiede zwischen den Mobilfunkstandards

Beim Telefonieren ohne Freisprecheinrichtung entstehen elektromagnetische Felder direkt am Kopf mit einer Wirkung der Handystrahlung auf das Gehirn. Mit größerer Entfernung reduziert sich die Strahlungsleistung grundsätzlich, eine Armlänge reicht jedoch bei weitem nicht aus. Die i.d.R. angebotenen Freisprecheinrichtungen per Kabel bergen dabei ein weiteres Problem. Durch das Kabel übertragen sich die Felder wie mit einer Antenne direkt bis ins Ohr. Wenn überhaupt sind nur sog. „Security-Headsets“ mit Luftübertragung und damit Entkopplung eine gewisse Möglichkeit. Das Gehirn ist beim Telefonieren mit einem Handy einer deutlich stärkeren Strahlung ausgesetzt als durch Mobilfunk-Basisstationen, wobei letztere rund um die Uhr strahlen.

Telekommunikationsturm mit Antenne des Mobilfunknetzes 5G
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Mit 5G kommen zum bestehenden Elektrosmog Strahlungen mit neuen Eigenschaften hinzu:

  • Die Felder liegen in einem höheren Frequenzbereich als bisher.
  • Die Leistung und damit die Reichweite der Funkzellen sind mit 10 Watt deutlich kleiner als bei bisherigen Dachantennen. Es werden daher viele kleine Mobilfunkantennen benötigt.
  • Über das so genannte Beamforming werden die Signale von der Sendestation gezielt dorthin gesendet, wo sie benötigt werden. Die höchste Strahlenbelastung haben damit die aktiven Nutzer.
  • Aufgrund der Änderungen der Strahlungseigenschaften geben Wissenschaftler oft explizit an, dass sich ihre Forschungen zu den alten Mobilfunkstandards nicht auf 5G übertragen lassen.

Studien zu Auswirkungen des Mobilfunks

Handy Einfluss auf das Gehirn
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In der großen Studie „Interphone“ im Auftrag der WHO aus dem Jahr 2011 wurde der Zusammenhang zwischen Handy und dem Risiko von Hirntumoren untersucht. Als Ergebnis wurde keine Erhöhung von Tumoren im Gehirn durch Mobilfunk in der Summe aller Teilnehmer festgestellt. Es zeigte sich aber, dass eine Gruppe von Personen, die nach eigenen Angaben sehr intensiv ihr Handy benutzten, ein statisch signifikant erhöhtes Risiko für Gliome im Gehirn aufwies. Die Studie hinterließ auch aufgrund der Art der Erhebung der Daten mehr offene Fragen als Antworten. Da die Unschädlichkeit von Handystrahlung auf das Gehirn nicht mit Sicherheit nachgewiesen werden konnte, stufte die WHO Mobilfunkstrahlen als „möglicherweise krebserregend“ ein.

Weitere oft zitierte Studien sind die „dänische Kohortenstudie“ und die „Million Woman Studie“, die aber keine statistisch signifikante Erhöhung von Tumorerkrankungen im Gehirn feststellen. Bis heute wurden in über 1500 Studien die Auswirkungen von Mobilfunk auf die Gesundheit untersucht. Zum Teil stellen Studien krebserregende Wirkungen durch Handystrahlung auf das Gehirn fest, die aber aufgrund der Methodik umstritten sind bzw. aufgrund zu kleiner Fallzahl als nicht repräsentativ oder belastbar eingestuft wurden. Daher sind seit über 20 Jahren auch die Grenzwerte unverändert.

Einige neue Studien lassen aber aufhorchen

In einer Langzeitstudie des National Toxiology Programs der US-Regierung mit Veröffentlichung im letzten Jahr wurden Ratten einer viel höheren elektromagnetischen Strahlung ausgesetzt, als das bei Mobiltelefonie üblich ist.

Als Ergebnis entwickelten die männlichen Ratten Herztumore. Parallel dazu wies Fiorella Belpoggi in einer Studie aus Italien nach, dass auch unter Annahme einer realistischen Mobilfunkstrahlung Ratten Krebs bekommen können. Es wird aktuell diskutiert, inwieweit die Ergebnisse auf den Menschen übertragbar sind.

Auswirkungen der Handystrahlung auf das Gehirn bei Jugendlichen
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In einer kürzlich veröffentlichten Schweizer Studie wurden bei Jugendlichen Auswirkungen der Handystrahlung auf das Gehirn festgestellt. Bei häufigem Telefonieren wurde die figurale Gedächtnisleistung negativ beeinflusst. Dieser Effekt trat nur bei Probanden auf, die das Telefon rechts hielten. Die dafür zuständigen Areale im Gehirn liegen ebenfalls auf der rechten Seite. Im Gegensatz zu vielen anderen Studien wurde die Datenerhebung sehr akribisch und nachvollziehbar dokumentiert.

Ausblick: Die ESMOG-Belastung wird weiter steigen!

UMTS wird voraussichtlich ab 2021 in Deutschland abgeschaltet. Mit dem Ausbau von 5G soll wenig später GSM zurückgebaut werden. Mobilfunk über Satellitensysteme wie z.B. Starlink ist im Bau und voraussichtlich ab 2025 für alle verfügbar.

Weitere Satellitensysteme sind in Planung. In Summe wird sich damit der Elektrosmog, dem wir alle ausgesetzt sind, erhöhen. Neuen Masten, andere Frequenzen und die Strahlungsverteilung durch das 5G-Netz sowie in Zukunft evtl. sogar über Satellitensysteme, werden gesundheitliche Effekte nach sich ziehen, in welcher Höhe und Gesambelastung ist zum jetzigen Zeitpunkt völlig unklar.

5G-Netz
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Aufgrund der Änderungen der Strahlungseigenschaften sind die bisherigen Ergebnisse aus Mobilfunkstudien nicht zu 100% auf 5G übertragbar, jedoch sind die bisherigen Studienergebnisse mehr als beunruhigend. Bis erste zuverlässige Ergebnisse zu 5G vorliegen, kann es noch Jahre dauern. Der 5G Ausbau läuft ohne Risikoabschätzung aber bereits in vollen Zügen. Wir raten daher allen nicht zu warten bis Ergebnisse vorliegen, sondern sich schon jetzt selbst zu schützen.

Das kann durch einen bewussten Umgang mit den Geräten geschehen, aber auch durch die Abschirmung von elektromagnetischer Strahlung. In der Wohnung kann durch Maßnahmen wie Vorhängen aus Abschirmstoff oder Abschirmfarbe an den Wänden die Mobilfunkstrahlung gezielt verringert werden. Für einen ungestörten Schlaf kann ein Baldachin aus Abschirmstoff am Bett wie ein Moskitonetz angebracht werden.

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Quellen

http://interphone.iarc.fr/UICC_Report_Final_03102011.pdf
(IARC Report to the Union for International Cancer Control (UICC) on
the Interphone Study, veröffentlicht Oktober 2011, abgerufen 19.11.2019)

https://ntp.niehs.nih.gov/whatwestudy/topics/cellphones/index.html
(Cell Phone Radio Frequency Radiation, veröffentlicht Mai 1999, abgerufen 19.11.2019)

https://ehp.niehs.nih.gov/doi/10.1289/EHP2427
(A Prospective Cohort Study of Adolescents’ Memory Performance and Individual Brain Dose of Microwave Radiation from Wireless Communication, veröffentlicht Juli 2018, abgerufen 19.11.2019)

http://www.bfs.de/DE/themen/emf/mobilfunk/schutz/vorsorge/smartphone-tablet.html
(Hinweise und Tipps für die Nutzer von Smartphones und Tablets, Stand 28.09.2018, abgerufen 19.11.2019)