Frau beim CT - Röntgenstrahlung ist ionisierende Strahlung
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Ionisierende Strahlung

« Wie sie definiert wird, warum sie gefährlich ist und wie man sich schützen kann »

Elektromagnetische Röntgenstrahlung ist gefährlich, das weiß jeder. Für die sogenannte ionisierende Strahlung gelten klare Grenzwerte und Schutzvorschriften. Denn im Gegensatz zu nichtionisierenden elektrischen, magnetischen und elektromagnetischen Strahlungsquellen, wie Mobilfunk oder Stromtrassen, ist die gesundheitliche Gefahr, die von Röntgenstrahlung ausgeht, unbestritten. Gamma-, Röntgen- oder Neutronenstrahlung werden als ionisierende Strahlung bezeichnet und von nichtionisierender Strahlung unterschieden. Zentrales Unterscheidungsmerkmal ist dabei der Energiegehalt der Strahlung. Viele Forscher plädieren aber dafür, diese Unterscheidung aufzugeben. Ihr Argument: physikalisch müsste die Unterscheidung neu definiert werden.

Was ist ionisierende Strahlung eigentlich?

Strahlung transportiert Energie. Das hat jeder, der schon einmal einen Sonnenbrand hatte, am eigenen Leib erfahren. Ionisierende Strahlung transportiert sehr viel Energie. Genug, um unmittelbare Strahlenschäden an Mensch und Tier zu verursachen. Je nach Dauer und Intensität der Exposition verursacht ionisierende Strahlung Hautverbrennungen, Organschäden, Karzinome und genetische Schäden. Trifft diese energiereiche Strahlung auf Materie, überträgt sie ihre Energie. Dabei können einzelne Elektronen herausgelöst werden – die bestrahlte Materie wird beschädigt. Physikalisch betrachtet passiert dabei folgendes: Die Strahlung löst einzelne Elektronen aus der Bindung an die Atome. Zurück bleibt ein positiv geladenes Teilchen, ein Ion, genauer gesagt ein Kation. Dieser Vorgang wird Ionisation genannt. Erstmalig beobachtet hatte diesen Effekt der britische Physiker Joseph John Thomson. Thomson registrierte, dass sich die Luft auf breiter Fläche elektrisch auflädt, also ionisierend auf das gesamte Strahlungsfeld einwirkt. Und rief dabei aus: „The air is ionized!“. So entstand der Ausdruck.

Rücken mit Sonnenbrand - verursacht durch Ionisierende Strahlung
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Was für Arten ionisierende Strahlung gibt es?

Abhängig von ihrem Ursprung, unterscheidet man Partikel- bzw. Teilchenstrahlung einerseits und elektromagnetische ionisierende Strahlung andererseits. Gemeinsames Merkmal ist die hohe Strahlungsenergie. Neben der UV-Strahlung, genauer UV-C-Strahlung, deren verletzende Wirkung jeder von uns schon einmal am eigenen Leib erfahren hat, gilt Röntgen- und Gammastrahlung als ionisierende Strahlung. Die Grenzwerte, auf deren Grundlage zwischen ionisierend und nichtionisierend unterschieden wird, sind nicht immer eindeutig. Nach der Richtline der Europäische Atomgemeinschaft (EURATOM) gilt Strahlung mit einer Wellenlänge ab 200 Nanometern (nm) oder einer Frequenz von 3 x 1015 Hertz (Hz) als ionisierend. Bezogen auf elektrische Ladung gilt ein Grenzwert von 5 Elektronenvolt (eV) kinetischer Energie. Liegen die Werte darüber, ist die notwendige Ionisationsenergie gegeben, um subatomare Partikel dauerhaft aus Atomkernen zu lösen und sie im Extremfall vollständig aufzulösen

Darstellung atomarer Strahlung - sie ist ionisierende Strahlung
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Welche Atome ionisiert werden, ist aber nicht nur abhängig von der Strahlungsenergie, sondern auch das Material des absorbierenden Körpers spielt eine Rolle. Röntgenstrahlen können fast alle Atome ionisieren, UV-Strahlen dagegen nur leichte Atome wie Helium oder Lithium. Aus physikalischer Sicht ist daher nicht eindeutig zu klären, ab welcher Wellenlänge die ionisierende Wirkung eintritt.  Bei einer Partikelenergie von weniger als 5 eV gilt die Strahlung dagegen als nichtionisierend. Hierzu zählen das sichtbare Licht, Infrarot-, Mikro- und Radiowellen – aber auch der hochfrequente Mobilfunk. Für diesen Bereich sind Schutzvorschriften und Grenzwerte weitaus weniger strikter. Die Gefahren von Esmog werden juristisch und legislativ leider verharmlost. Dabei gibt es geeignete technische Schutzvorrichtungen, wie Abschirmkleidung, Flächenprodukte mit hoher Schirmdämpfung oder entsprechende Farben.

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Radioaktivität – Die bekannteste ionisierende Strahlung

Radioaktivität ist wahrscheinlich die bekannteste ionisierende Strahlungsart. Die Gefahr, die von ihr ausgeht, ist allgemein anerkannt. Wenn ionisierende Strahlung gezielt eingesetzt oder genutzt wird, etwa in der Medizin oder zur Energiegewinnung in Atomkraftwerken, gelten strenge Grenzwerte und strikte Sicherheitsvorkehrungen. Wer sich schonmal beim Zahnarzt einer radiologischen Untersuchung unterzogen hat, der kennt die kiloschweren Bleiwesten, die den Körper schützen sollen. Denn selbst geringe Dosen ionisierender Strahlung können massive gesundheitliche Schäden verursachen. Unmittelbare Folgen zu hoher Strahlenexposition sind Haarausfall, Erbrechen oder Hautrötungen.

2 Männer ins Schutzanzügen messen Radioaktivität
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Das Magnetfeld der Erde als natürlicher Strahlenschutz

Unter normalen Umständen sind wir nur geringen Dosen ionisierender oder radioaktiver Strahlung ausgesetzt, ein erheblicher Anteil davon wird von der Sonne emittiert. Allerdings ist der Löwenanteil der abgestrahlten Energie unseres Zentralgestirns nichtionisierende Strahlung. Etwa Infrarotwellen, die für den wärmenden Effekt des Sonnenlichts verantwortlich sind. Die energiereichen, ionisierenden UV- und Gammastrahlen, die unser Fixstern auch aussendet, entstehen tief im Inneren der Sonne. In ihrem Kern verschmelzen Wasserstoffatome unter immensem Druck zu Heliumatomen.  Dadurch werden gewaltige Energiemengen freigesetzt. Die ausgestrahlte Energie ist weitgehend konstant und wird größtenteils vom irdischen Magnetfeld abgelenkt, das als natürlicher Strahlenschutz wirkt.

Darstellung des Erdmagnetfeldes
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Der Anteil radioaktiver Materie auf der Erde ist dagegen verschwindend gering. Unter normalen Umständen stellt sie keine Gefahr für den menschlichen Organismus dar. Die kritische Grenze von 10 Millisievert pro Jahr wird damit jedoch nicht annähernd erreicht. Zum Vergleich: In Folge der Havarie des Reaktorkerns in Tschernobyl, nahm die Mannschaft im Kontrollraum etwa 13 Sievert auf. Dies führte dazu, dass man sie bis zu ihrem Tode unter Quarantäne behandeln musste, da die Männer nun selbst ionisierend wirkten. Die Dosis von 80 Sievert führt indessen zum sofortigen Tod.

Mahnmal beim Reaktor von Tschernobyl
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Aufwendige Schutzmaßnahmen und klare Grenzwerte

Um diesem Schicksal zu entgehen, ist ein angemessener Strahlenschutz notwendig. Wie er beschaffen sein muss, hängt von der jeweiligen Strahlenintensität ab. Der radioaktive Zerfall erfolgt nämlich nicht in konstanter Form. Alphastrahlen bestehen aus Doppel-Helium-Atomen. Sie dringen nur wenige Mikrometer in Materie ein und lassen sich daher sogar mit einem simplen Blatt Papier abschirmen. Betastrahlen entstehen, wenn der Zerfall des Atomkerns soweit fortgeschritten ist, dass er bereits die Eigenschaften eines leichteren Elements annimmt. In diesem Falle werden überschüssige Elektronen und Positronen emittiert. Sie besitzen wenig Masse, dafür aber umso mehr Energie. Um sie abzustrahlen, genügt dennoch ein Absorber (z.B. Aluminium) von ein paar Millimetern Breite. Ein Teil der Energie wird dadurch jedoch in Röntgenstrahlen umgewandelt. Daher wird zumeist noch eine Schicht aus Schwermetall als zusätzlicher Strahlenschutz eingesetzt.

Nachgefragt: Ist die Unterscheidung in dieser Form sinnvoll?

Ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal zwischen beiden Strahlungsarten ist, dass ionisierende Strahlung sehr schnell, beobachtbare und deutliche pathologische Schäden verursacht. Während die gesundheitsschädigenden Folgen von nichtionisierender Strahlung langsamer voranschreiten und auch nicht jeden Menschen gleichermaßen ereilen – die individuelle Streuung der Erkrankungen ist viel größer.

Frau steht unter einem 5G Mast
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Der Mediziner Prof. Dr. med. Karl Hecht beschäftigt sich mit der Frage, in wieweit die Unterscheidung in ionisierende und nichtionisierende Strahlung noch sinnvoll ist. In seinem Forschungsbericht kommt er zu dem Schluss, dass rein physikalisch eine Unterscheidung in unterschiedliche Strahlungstypen keinen Sinn macht, wenn es darum geht, die Risiken von Strahlung zu bewerten:

„Da für den Schutz der Bevölkerung die Folgen der Strahlungen auf den menschlichen Körper ausschlaggebend sind, ist eine Unterteilung in ionisierende und nichtionisierende Strahlung nicht mehr angebracht. Das muss aber auch Konsequenzen für den gegenwärtigen Strahlenschutz und entsprechende juristischen Bewertungen haben.“

Sowohl durch ionisierende als auch durch die nichtionisierende Strahlung, können nämlich freie Radikale im menschlichen Körper entstehen. Weitere Parameter müssen miteinbezogen werden, um die Gesundheitsgefahren der jeweiligen Strahlungsquelle zu bewerten, fordert Hecht. Für die Bewertung von elektromagnetischer Strahlung sollte Frequenz, Amplitude und Einwirkungsdauer berücksichtigt werden, um zukünftig Grenzwerte zu bestimmen, auf deren Grundlage sich die Gesundheitsgefährdung verlässlich bewerten lässt. In Deutschland orientieren sich die Grenzwerte für nichtionisierende Strahlung seit über 20 Jahren an dem so genannten thermischen Effekt von Strahlung. Für ein Handy gilt beispielsweise, dass seine Strahlung das menschliche Gewebe beim Telefonieren nicht um mehr als 1 Grad erwärmen darf. Um wirkungsvollen Schutz zu gewährleisten, sind aber wissenschaftlich fundierte, wirklich messbare und belastbare Grenzwerte nötig.

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Quellen

Karl Hecht – Ist die Unterteilung in ionisierende und nichtionisierende Strahlung noch aktuell?  (aus : „Die Naturheilkunde“ Ausgabe 03/2019, abgerufen am 15.11.2019)

Karl Hecht – Entspricht die Klassifizierung in ionisierende und nicht-ionisierende Strahlungen bezüglich ihrer ähnlichen biologischen Wirkungen noch der Realität?
(www.diagnose-funk.org veröffentlicht 09/2015, abgerufen am 15.11.2019)