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Gehirntumor durch Handynutzung

« Präzedenzfall zum Zusammenhang zwischen Handynutzung und Gehirntumor-Risiko »

Seit Anbeginn des Handy-Zeitalters prophezeien mahnende Stimmen, dass der aufgehende Stern der Mobilfunk-Branche letztlich in aufsehenerregenden Schadensersatzprozessen verglühen wird. Nun wurden die ersten Urteile gefällt. Die am 13. Januar 2020 in Norditalien getroffene Entscheidung könnte EU-weite Auswirkungen nach sich ziehen.

Das offene Geheimnis um Handynutzung und dessen Gehirntumor-Risiko

Hiervon wird insbesondere die Arbeitswelt betroffen sein. Schließlich hatte im Jahre 2010 der damals 50-jährige Roberto Romeo bei der INAIL (gesetzliche Unfallversicherung) seinen dauerhaften Hörschaden als berufsbedingt gemeldet. Die fälligen Rentenzahlungen aufgrund dauerhafter Berufsunfähigkeit wurden mit dem Hinweis abgewiesen, dass Romeos gesundheitliche Probleme nicht zwangsläufig auf die Einwirkung von Mobilfunkstrahlung zurückzuführen seien. So beschritt der Italiener den Klageweg.

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Hier offenbarte sich seine Leidensgeschichte: Romeo war 15 Jahre lang für die Telecom Italia tätig und nutzte sein Handy aus beruflichen Gründen 3 – 4 Stunden pro Tag. Das rechtsseitige Hörvermögen verringerte sich zusehends, sodass er schließlich an die Onkologie verwiesen wurde. Bei der abschließenden Untersuchung stellte man ein Akustikneurinom (gutartiger Gehirntumor) fest. Es saß so tief im Innenohr, dass im Zuge der OP auch der Hörnerv entfernt werden musste. Der Zusammenhang zwischen der dauernden Handynutzung und dem Gehirntumor schien offensichtlich.

Diagnose Hirn-Tumor
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Die Richter in Ivrea folgten der Expertise der behandelnden Ärzte und wiesen die Unfallversicherung an, an Romeo monatlich 500 Euro Invalidenrente zu überweisen. Die Klägerseite zeigte sich erleichtert über den Richterspruch und sah hierin ein wegweisendes Urteil, das dem zunehmendem Elektrosmog endlich Rechnung trage.

Das Urteil von Turin

Doch folgen auf große Siege nicht selten herbe Enttäuschungen: Die INAIL bezweifelte, dass die Richter die Gutachten der Verteidigung ausreichend gewürdigt hatten und ging in Berufung. Im Januar 2020 ging Romeo erneut als strahlender Sieger aus dem Prozess hervor. Die vorsitzende Richterin Fadda vom Turiner Arbeitsgericht bestätigte das Ivreaer Urteil in vollem Umfang. So sei „die Kausalität zwischen der Mobilfunkstrahlung und dem Gehirntumor eher wahrscheinlich als unwahrscheinlich“. Dies fußt auf dem Umstand, dass das Akustikneurinom von keinen anderen Faktoren in Romeos Lebensumfeld hervorgerufen werden konnte. Darüber hinaus wurde exzessive Handynutzung als Gehirntumor-Risiko eingestuft.

Thema Recht und Gerechtigkeit
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Richterin Fadda bezog sich in ihrer Urteilsbegründung somit fraglos auf die amerikanische NTP-Studie, die nachwies, dass permanente Handystrahlung die Gehirn-Funktionen der getesteten Nagetiere negativ beeinflusst. Die zweite Hälfte der Ausführungen besaß erheblich mehr Sprengkraft. Sie befasste sich mit der Verteidigungsstrategie der INAIL, die sich ausschließlich auf die Erkenntnisse der ICNIRP stützte. Die vorgebrachten Gutachten legten nahe, dass die heutige Handystrahlung die Gehirn-Funktionen der Benutzer nur thermal beeinflusse. Degenerative Veränderungen bis zum Gehirntumor seien erst weit oberhalb der gesetzlichen Grenzwerte zu erwarten. Außerdem genüge die NTP-Studie keinen wissenschaftlichen Grundstandards und sei damit juristisch unzulässig.

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Genau hierin verbarg sich der Kardinalfehler in der Argumentationsstruktur der Verteidigung: Laut EU-Recht müssen alle Handelswaren so beschaffen sein, dass sie keine gesundheitlichen Schäden beim Endverbraucher hervorrufen. Sobald ein gegenteiliger Verdacht besteht, befindet sich der Hersteller in der Pflicht, diesen vollständig zu entkräften. Simple Ignoranz ist da fehl am Platz. Richterin Fadda negierte daraufhin die Aussagen der Gutachter. So sei die ICNIRP keine unabhängige Institution. Sie wird von der Mobilfunk-Industrie finanziert und war daher im vorliegenden Fall als befangen abzulehnen.

Die weitreichenden Verzweigungen der Elektrosmog-Lobby

Damit ist es an der Zeit, die Gruppierung etwas intensiver in Augenschein zu nehmen: Die International Commission on non-ionizing radiation protection wurde 1992 gegründet, um Expertisen bezüglich elektromagnetischer Strahlung und Elektrosmog zu erstellen. Auf lange Sicht sollte der Think-Tank die Standards und Richtlinien im EU-Raum aneinander angleichen. Hierzu wurde die Kooperation mit der WHO angestrebt, die schon bald Anlass zur Kritik gab. Schließlich gilt die Organisation zu Fragen der menschlichen Gesundheit als oberste Instanz. Im Jahre 2011 stufte sie Mobilfunk und Mikrowellen-Strahlung als potenziell krebserregend ein. So fanden sich seinerzeit „begrenzte Beweise“ dafür, dass permanente Handynutzung das Gehirntumor-Risiko erhöht. Hinweise darauf, dass der Elektrosmog auch andere Tumor-Arten hervorruft, wurden nicht bestätigt.

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Da wirkt es keinesfalls beruhigend, dass die WHO auf die Expertise undurchsichtiger Gruppierungen wie der ICNIRP vertraut. Die ICNIRP mag offiziell zwar keiner privatwirtschaftlichen oder stattlichen Organisation unterstellt sein, wurde jedoch schon kurz nach ihrer Gründung von der Handy-Industrie unterwandert. Die Kommission beruft ihre Mitglieder nach eigenem Ermessen. Hierbei steht die Zustimmung zur Agenda der Telekommunikationskonzerne im Vordergrund und nicht die wissenschaftliche Eignung.

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Als neutrales Gremium scheidet sie damit aus, was auch die Turiner Richter monierten: „Die vorgelegten Gutachten weisen eine direkte Verbindung zur ICNIRP auf. Mehrere Mitglieder der Kommission sind durch Beraterbeziehungen an die Vorgaben der Handy-Konzerne gebunden, was zu einem Interessenskonflikt führt, der der Wahrheitsfindung entgegenwirkt.“

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Somit lässt sich auch nachvollziehen, warum der Zusammenhang zwischen Mobilfunkstrahlung und Gehirntumor-Risiko hierzulande so beharrlich bestritten wird: Die ICNIRP wirkt als eingetragener Verein von Oberschleißheim aus, also im Hauptsitz des Bundesamtes für Strahlenschutz.

Reduktion der Mobilfunkstrahlung und Gehirntumor-Vorsorge im Alltag

Bis zum heutigen Tage zeigen sich keine Anzeichen dafür, dass bezüglich dieser Praxis ein Umdenken im Gange sei. Damit liegt es bis auf weiteres in der Verantwortung der Bürger, die individuelle Handynutzung und das Gehirntumor-Risiko so weit wie möglich zu verringern. Das trifft vor allem auf Vieltelefonierer zu: Es genügt schon die Nutzungsdauer von 30 Minuten pro Tag, damit die Handystrahlung das Gehirn nachhaltig schädigt.

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Die aufgenommene Strahlung wird hierdurch deutlich reduziert, da die Telefone zum Zeitpunkt des Verbindungsaufbaus die größte Energiemenge emittieren. Zuhause sollte das Gerät idealerweise ausgeschaltet und der klassische Festnetzanschluss verwendet werden. Darüber hinaus ist der durch WLAN-Router verursachte Elektrosmog zu berücksichtigen, der eng mit der Handystrahlung verwandt ist. Alternative Methoden wie die VLC-Technik (Datenübertragung per Lichtsignal) arbeiten ebenso zuverlässig und senken die Belastung für den Organismus erheblich.

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„Du bist doch verrückt! Wie kannst Du nur mein Handy zerstören? Mein ganzes Leben ist da drin!“

Was Oscarpreisträger Christoph Waltz im Polanski-Streifen „Der Gott des Gemetzels“ ansprach, spiegelt das Lebensgefühl einer ganzen Generation wider: Die moderne Kommunikationstechnologie diktiert unseren Tagesablauf, bestimmt unser berufliches Vorwärtskommen, ist das Zentrum unserer Gedankenwelt.

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So finden sich zahlreiche Telefone in deutschen Schlafzimmern wieder, um als Wecker zu fungieren oder aufgeladen zu werden. Dazu verweilen sie natürlich auf dem Nachttisch und damit nur wenige Zentimeter neben dem Kopf des Schlafenden. Die Auswirkungen der Handystrahlung auf das Gehirn sind in diesem Fall doppelt ungünstig. So werden neben dem Gehirntumor-Risiko nun auch Störungen während der REM-Schlafphase in Kauf genommen. Das Schlafzimmer sollte daher grundsätzlich zur handyfreien Zone ernannt werden.

Die rechtliche Lage in Deutschland

Wie ist aber vorzugehen, wenn die Handystrahlung das Gehirn schon nachhaltig geschädigt hat? Wer haftet dafür? In Deutschland leider bislang niemand. In diesem Punkt nutzten die Telekommunikationskonzerne das Fachwissen der Justizwelt nämlich zu ihrem Vorteil und versehen die Bedienungsanleitungen prinzipiell mit dem Warnhinweis, dass die Handys nicht im Dauerbetrieb genutzt werden dürfen. Die hierbei aufgenommene Handystrahlung übersteigt die gesetzlich festgesetzten Grenzwerte um ein Vielfaches und führt zwangsläufig zu gesundheitlichen Schäden. Zuwiderhandlungen dieser Empfehlung erfolgen auf eigenes Risiko. Auf juristischem Wege haben sich die Betreiber damit unangreifbar gemacht.

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Im Falle von Berufsunfähigkeit können in Deutschland natürlich ebenso Arbeitsrechtsprozesse angestrebt werden, wie in Italien. Nur gilt es dabei zu berücksichtigen, dass der Kläger dann in der Beweispflicht ist. So muss zweifelsfrei nachgewiesen werden, dass der Tumor ausschließlich auf die Handynutzung zurückzuführen ist. Das kann angesichts des allgegenwärtigen Elektrosmogs und anderer Karzinogene in der Umwelt zur Mammutaufgabe mutieren. Der beste Schutz für die Gesundheit besteht demnach noch immer darin, auf den Einsatz von Mobilfunkgeräten nach Möglichkeit zu verzichten.


Quellen:

  • https://www.focus.de/gesundheit/news/fall-romeo-hirntumore-durch-handystrahlen-erstmalig-durch-ein-gericht-bestaetigt_id_7133222.html (rechtliche Infos)
  • https://www.aerzteblatt.de/archiv/93711/Welt­gesund­heits­organi­sation-Handystrahlung-potenziell-krebserregend (WHO-Einstufung)
  • https://www.eggbi.eu/fileadmin/EGGBI/PDF/Elektro-_und_Elektromagnetische_Felder.pdf (Gegenmaßnahmen)
  • https://de.wikipedia.org/wiki/International_Commission_on_Non-Ionizing_Radiation_Protection (ICNIRP)
  • https://www.spiegel.de/karriere/italien-gehirntumor-durch-handy-nutzung-erstmals-als-berufskrankheit-anerkannt-a-1144218.html (Romeo-Infos)
  • https://www.diagnose-funk.org/publikationen/artikel/detail&newsid=1516 (Urteilsbegründung; außerdem die Links zu den PDF-Volltexten „Professor James C. Lin: Die NTP-Studie weist das Krebspotential der Mobilfunkstrahlung nach“ sowie „Handystrahlung und Gehirntumore“)