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Freileitungen als Gesundheitsrisiko

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Freileitungen transportieren Strom von den Kraftwerken zu den Verbrauchern. Dabei werden niederfrequente elektrische und magnetische Felder erzeugt. Diese Strahlung stufte die International Agency for Research on Cancer (IARC) als möglicherweise krebserregend ein. Bei Kindern soll zudem die Wahrscheinlichkeit für Leukämie erhöht sein. Welche Auswirkungen hat eine Freilandleitung auf die Gesundheit tatsächlich?

Das Stromnetz in Deutschland

Kraftwerke erzeugen Drehstrom mit 50 Hertz, der meist über Freileitungen zu den Verbrauchern transportiert wird.

Das Höchstspannungsnetz verteilt die Energie europaweit und arbeitet mit Spannungen von 220 kV bzw. 380 kV, um die Übertragungsverluste möglichst niedrig zu halten. Diese Leitungen werden oft als Stromautobahnen bezeichnet.

Eine Ebene tiefer transportiert das Hochspannungsnetz mit 110 kV den Strom in die einzelnen Regionen. Das Mittelspannungsnetz verteilt mit 10-50 kV in die Fläche. Die Spannungen sind nicht eindeutig definiert und können je nach Land variieren. Mit der Energiewende entstanden viele neue regenerative Erzeugungsanlagen. Da Strom schwer zu speichern ist, muss in dem Stromnetz die Bilanz zwischen Erzeugung und Verbrauch zu jedem Zeitpunkt ausgeglichen sein.

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Viele große Verbraucher befinden sich im Süden, die Windparks sind dagegen vor allem im Norden. Seit einigen Jahren werden zudem große Offshore Windanlagen in der Nord- und Ostsee installiert. Daher werden neue Leitungen in Nord/Süd Richtung benötigt.

Freileitungen erzeugen elektrische und magnetische Felder, deren Stärke von folgendem abhängt:

  • Spannung und Stromstärke
  • Entfernung zur Leitung
  • Aufbau der Masten und Leiter

Je höher die Spannung und Stromstärke ist, desto größer ist auch die Strahlung der Stromleitung und damit mögliche Auswirkungen einer Freilandleitung auf die Gesundheit. Niederfrequente Felder erreichen dabei das Maximum am tiefsten Durchhang zwischen zwei Masten der Hochspannungsleitung.

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Auch Erdkabel erzeugen magnetische Felder. Elektrische Felder werden durch das Erdreich dagegen fast vollständig abgeschirmt. Direkt über den Erdkabeln treten starke magnetische Felder auf, die etwa doppelt so groß sind wie bei einer Freileitung mit der gleichen Übertragungsleistung. Der Grund dafür ist, dass eine Freileitung in der Regel deutlich mehr als 10 Meter Mindestabstand zum Boden aufweist. Beim Erdkabel beträgt die Distanz zwischen Verlegetiefe und Bodenoberfläche nur 1,5 bis 2 Meter. Die Felder nehmen mit zunehmendem seitlichem Abstand zur Trasse jedoch stärker als bei Freileitungen ab.

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Neuerdings werden HGÜ Leitungen (Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung) in der Erde installiert, um vor allem OffshoreWindparks anzuschließen. Es gibt bisher noch keine belastbaren Studien, welche Auswirkungen deren Elektrosmog auf die Gesundheit hat.

Wirken sich Freileitungen auf die Gesundheit negativ aus?

Zu den Folgen von niederfrequentem Elektrosmog wird oft eine Studie aus Oxford zitiert. Diese erfasste 29.000 Kinder, die im Zeitraum zwischen 1962 und 1995 geboren wurden und von denen 9.700 an Krebs erkrankten. Es wurde die Distanz vom Haus der Kinder bis zur nächsten Hochspannungsleitung gemessen. Die Kinder mit einem Wohnsitz im Umkreis von 200 Metern hatten ein 70 Prozent höheres Risiko an Leukämie zu erkranken als jene, die 600 Meter und weiter entfernt lebten. Bei einer Entfernung von 200 bis 600 Metern zu Freileitungen betrug die Erhöhung des Risikos für Leukämie 20 Prozent. Eine Nachfolgestudie in Großbritannien konnte diese Wirkung einer Freilandleitung auf die Gesundheit aber nicht mehr nachweisen. Vielleicht weil die Ergebnisse der ersten u.a. Netzbetreibern nicht sonderlich gefallen haben.

Neuere Studien deuten darauf hin, dass Mitarbeiter von Netzbetreibern ein erhöhtes Risiko haben, an amyotropher Lateralsklerose (ALS) zu erkranken.

Es scheint zudem einen schwachen Hinweis auf einen Zusammenhang zwischen niederfrequenten Feldern und der Alzheimer-Krankheit zu geben. Bei einer seltenen Leukämie Erkrankung bei Kindern weisen weitere epidemiologische Studien darauf hin, dass magnetische Flussdichten auch deutlich unterhalb der festgelegten Grenzwerte das Erkrankungsrisiko für Leukämie bei Kindern erhöhen könnten. Eine Risikoerhöhung besteht bei einer zeitlich gemittelten Flussdichte von ca. 0,3 – 0,4 Mikrotesla.

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Rechtliche Rahmenbedingungen in der EU

Im Jahr 1999 hat der Rat der Europäischen Union eine Empfehlung zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung vor elektromagnetischen Felder verabschiedet. Als Referenzwerte für die Stromversorgung wurden für elektrische Felder 5kV pro Meter und für Magnetfelder 100 Mikrotesla festgelegt. Die Empfehlung ist nicht bindend, so dass die Mitgliedsländer selbst entscheiden können, welche Maßnahmen sie gegen Elektrosmog treffen.

Europaweit kann man drei Gruppen unterscheiden:

  • Die Länder halten sich an die Empfehlung und leiten daraus geeignete Maßnahmen ab. Zu dieser Gruppe gehört auch Deutschland
  • Die Empfehlungen wurden nicht in rechtliche Regelungen umgesetzt und damit auch keine Maßnahmen getroffen (u.a. in Irland, Spanien, Norwegen)
  • Ein Teil der Länder führte strengere Grenzwerte ein, die auf dem Vorsorgeprinzip für die Gesundheit beruhen oder aufgrund der Forderung der Bevölkerung festgelegt wurden (u.a. in Italien, Dänemark, Schweiz)

In Deutschland regelt das Bundes-Immissionsschutzgesetz die Maßnahmen, um niederfrequente Felder und damit den Elektrosmog minimieren zu können. Darin sind Grenzwerte und Abstände für Gleichstromanlagen und Niederfrequenzanlagen definiert.

Eine 380 kV Freileitung hat darin einen Einwirkungsbereich von 400 Metern. Bei einem Erdkabel mit der gleichen Nennspannung beträgt dieser dagegen nur 100 Meter.

Der Einwirkungsbereich einer Anlage ist der Bereich, in dem die Strahlung der Anlage signifikant über den natürlichen Immissionen liegt. Da die Spannung einer der wichtigsten Faktoren ist, hat eine 50 kV Leitung nur noch einen Einwirkungsbereich von 25 Metern. Nach dem Gesetz muss der Netzbetreiber eine Prüfung durchführen und die Strahlung der Freileitungen minimieren. Für jeden Anlagentyp sind mögliche Maßnahmen, wie zum Beispiel eine Erhöhung der Masten oder elektrische Abschirmung durch zusätzliche Schirmleiter definiert.

Welche Maßnahmen gibt es, um Belastungen durch Freileitungen zu verhindern?

Elektrische Felder können gut abgeschirmt werden. Eine Abschirmung gegen magnetische Felder ist hingegen schwieriger. Die beste Möglichkeit besteht in einer günstigen Anordnung der Leiterseile. Bei Leitungen mit mehreren Strängen oder bei einem parallelen Verlauf von Hochspannungsleitungen können sich die Magnetfelder der einzelnen Stränge bei geeigneter Verlegung gegenseitig abschwächen. Gebäudemauern schirmen Magnetfelder praktisch nicht ab. Daher ist die wichtigste Maßnahme, ausreichend Abstand zu Freileitungen zu haben.

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Die notwendige Entfernung hängt vor allem von der Spannung und Stromstärke ab. Höhere Masten können ebenfalls den Elektrosmog reduzieren, dem man ausgesetzt ist. Es zählt auch die Dauer der Einwirkungen. Eine kurze Annäherung an eine Stromleitung ist anders zu betrachten, als wenn man in der Nähe einer Hochspannungsleitung lebt. Die Netzbetreiber sind dazu verpflichtet, niederfrequente Felder zu minimieren.

Da der Netzbetrieb in Deutschland reguliert ist, erstattet die Bundesnetzagentur die Kosten für notwendige Maßnahmen.

Der Netzbetreiber hat damit den Anreiz, die gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen. Einige Initiativen kritisieren, dass mit den aktuellen Grenzwerten eine Freilandleitung die Gesundheit beeinträchtigen kann. Diese fordern eine Verschärfung der gesetzlichen Anforderungen wie z.B. in der Schweiz. 

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Wer also Elektrosensibilität bei sich oder andere gesundheitliche Beeinträchtigungen wegen Elektrosmog vermutet, der sollte unbedingt die Strahlenbelastung zu Hause messen und gegebenenfalls Maßnahmen zum Strahlenschutz ergreifen.


Quellen:

  • https://www.bundestag.de/resource/blob/645096/c353de5ae1027694bd262799c00cf223/WD-8-011-19-pdf-data.pdf
  • https://www.bfs.de/DE/themen/emf/kompetenzzentrum/netzausbau/schutz/grenzwerte-europa.html
  • https://www.bmu.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Strahlenschutz/26_bmischv_avv_entwurf_bf.pdf